Traumdeutungen

Psychologische Hintergründe

Das wussten schon unsere Urahnen: Traumdeutung ist ein teils religiöses, teils weltliches Gesellschaftsspiel aller Epochen und seit Sigmund Freud (1899: „Traumdeutung“) Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen und psychotherapeutischer Behandlungen.

Die Überzeugung der Psychoanalyse: Jeder Traum ist das Ergebnis komplizierter seelischer Prozesse. Der „latente“ Trauminhalt wird durch die Traumzensur zum „manifesten“ Traumerlebnis, wobei allerdings Anstößiges (vor allem der böse Sex) hinter dem Schleier der Symbolik züchtig verhüllt wird. Der Phallus gerät zur Schlange, zum Baum oder Ast, die Vagina zur Höhle oder zum Gefäß.

Alles sauber! Der ungeschminkten Wahrheit auf die Spur zu kommen – das war für die Psychoanalyse allein die Domäne professioneller Seelenkundler.

„Alles Unsinn!“ dementierte bereits Carl Gustav Jung, abtrünniger Freudianer, „jeder kann seine Träume nur selber deuten.“ In der Tat entstehen die nächtlichen Actionfilme ja im tiefsten Kern der eigenen Persönlichkeit. So ist es leicht nachvollziehbar, dass der Code zur Entschlüsselung des Traums letztlich im Unbewussten des Träumenden liegen muss.

Jung bringt diese Schlussfolgerung auf einen prägnanten Nenner: Jeder Traum hat in der Form Sinn, wie er auftritt. Er bedarf keiner Verkleidung, sondern liefert seine eigene Interpretation. Da jeder intuitiv ahnt, was der eigene Traum erzählen will, genügt oft nur noch ein kleiner Anstoß (z. B. in Form eines Deutungsversuchs), um einen Aha-Effekt auszulösen.

Zumindest darin sind sich führende Traumforscher (wie Erich Fromm, Calvin S. Hall) einig: Entscheidendes Indiz für die Treffsicherheit einer Deutung ist die Empfindung des/der Träumenden, dass die jeweilige Auslegung bestimmte Bereiche seiner/ihrer gegenwärtigen Lebenssituation treffend widerspiegelt.

Traumdeutung in Hypnose

Diese einleuchtende moderne Auffassung von Traumdeutung konnte in eigenen Untersuchungen bestätigt werden: Ich habe zahlreiche Probanden in Hypnose versetzt und sie während der Trance gebeten, ihre Träume selbst zu deuten. Das frappierende Ergebnis: Ein großer Teil der Deutungen spiegelte präzise und schlüssig Probleme und Konflikte wider, die den Versuchsteilnehmer gerade beschäftigten. Besonders interessant: Einzelne Symbole hatten meist keine festgelegte Bedeutung (wie in klassischen Traumlexika gern dargestellt), sondern die Bildsprache des Traums wurde meist im Zusammenhang des gesamten Traumerlebnisses wahrgenommen und interpretiert.

Mehr noch: Wenn in Hypnose bestimmte Symbole suggeriert wurden, dann tauchten diese Bilder in vielen Fällen tatsächlich in den Träumen wieder auf. So war es sogar möglich, durch gezielte mentale Veränderungen von Traumszenen Albträume zu beseitigen und die zugrunde liegenden Konflikte zu lösen.

Spannender Weg zur Selbsterkenntnis

1. Entwickeln Sie mehr Interesse für Ihre Träume. Je öfter und intensiver Sie sich im Wachbewusstsein mit Ihren Träumen beschäftigen, desto reichhaltiger und plastischer werden Ihre Traumerlebnisse und -erinnerungen sein.

2. Träume können durch Suggestionen in erstaunlicher Weise beeinflusst werden, wie z. B. das sogenannte Kopfuhr-Experiment beweist: Die Suggestion „Ich werde morgen früh um 8 Uhr wach“ funktioniert (ohne Wecker, versteht sich) bei etwa 30% aller Menschen.

3. Konzentrieren Sie sich vor dem Einschlafen auf angenehme Bilder und Szenen, die Sie gern träumen möchten. Denn: Die eigene Erwartungshaltung ist das Steuerrad Ihrer Träume. Befürchten Sie einen Albtraum, wird er Sie wahrscheinlich in der Nacht quälen. Und denken Sie beim Einschlafen an die Probleme des Tages, werden sie sich in Ihre Träume „hineinschleichen“.

4. Noch intensiver wirken Fremdsuggestionen in therapeutischen Sitzungen oder in Audioprogrammen, weil sie gezielter, komplexer und auf die Sprache des Unbewussten abgestimmt sind.

5. Suggerieren Sie sich vor dem Einschlafen außerdem: Ich werde mich nach dem Aufwachen sofort an meine Träume erinnern. Und: Schreiben Sie Ihre Erinnerungen gleich nach dem Erwachen auf. Denn meist sind Ihre Träume dann nach Sekunden verblasst. Können Sie zeichnen? Dann fertigen Sie von Ihren nächtlichen Erlebnissen Skizzen an. Sammeln Sie Ihre Protokolle in einem Traumtagebuch.

6. Geben Sie jedem Traum einen treffenden Titel, z. B.: „Von einem Schatten verfolgt”, „Nackt in der Stadt”, „Gefangen in einem Burgverlies“. So reduzieren Sie ihn auf seine wesentliche Botschaft, was seine Deutung erleichtert.

7. Sprechen Sie mit einer vertrauten Person über Ihre Träume. Und spekulieren Sie ganz zwanglos: Was wollte mir mein Unbewusstes mit diesem Traum mitteilen? Bedenken Sie dabei: Jeder, der ein Bild deuten kann, ist auch in der Lage, die Bildsprache der Träume zu entschlüsseln. Lassen Sie also Ihrer Fantasie freien Lauf!

8. Stellen Sie an Ihren Traum weitere Fragen:

> Welche Personen aus meinem Umfeld (Freunde, Angehörige, Kollegen) könnten auf-getaucht sein (z. B. auch als Tier)?

> Welche Probleme beschäftigen mich gerade?

> Durch welches Traumsymbol könnten diese Konflikte Gestalt angenommen haben?

> Welche Empfindungen und Gefühle hatte ich während des Traums? – Angst? Ärger? Erleichterung? Freude?

> Welche grundlegenden Erkenntnisse wollte mir der Traum vermitteln? Sobald seine Botschaft erkannt wurde, ändern sich häufig die Träume in den folgenden Nächten. Das gilt vor allem für Wiederholungsträume.

Vor diesem Hintergrund sollten Sie die Traumdeutungen von Dr. Stein nicht als fest gefügte, einzig mögliche Interpretationen betrachten. Im Gegenteil: Für jedes Traumbild gibt es mehrere – ebenso plausible – Auslegungen.

Allerdings: Die hier vorgestellten Traumberichte sind nur eine knappe Zusammenfassung ausführlicher Schilderungen, die zudem häufig durch persönliche Angaben ergänzt wurden. So konnte Dr. Stein bei seinen Deutungen natürlich auf wesentlich mehr Informationen zurückgreifen.

Versuchen Sie, eigene Erklärungen für die geschilderten Träume zu finden – möglichst bevor Sie die Deutungsvorschläge gelesen haben. Wenn Sie anschließend beide Versionen vergleichen, können sich interessante Übereinstimmungen, aber auch neue Aspekte oder reizvolle Widersprüche ergeben.

Mit dieser kleinen “Traumschule“ möchte ich Ihnen also mehr bieten als eine interessante Lektüre. Sie kann eine Initialzündung zur intensiveren Beschäftigung mit und systematischen Sammlung von eigenen Träumen sein – ein spannender, aufschlussreicher Weg zur Selbsterkenntnis.

Quellen: Die hier vorgestellten Träume entstammen einer Sammlung von mehr als 500 mündlichen und schriftlichen Erfahrungsberichten, die ich in langjähriger therapeutischer Arbeit und während meiner Mitarbeit an den Themen „Traumdeutung“ und „Lebenshilfe“ bei verschiedenen TV- und Radiosendungen (u. a. ZDF, WDR, RTL, SAT 1, Radio NRW) sowie als psychologischer Berater mehrerer Zeitschriften zusammengetragen habe.

CD-/Download-Tipp: Bewusster und angenehmer träumen

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